Die Meisten von uns haben wohl während der Schulzeit mehr oder weniger freiwillig am Reigionsunterricht einer der beiden grossen christlichen Kirchen teilgenommen. Da wurden den „kleinen Sündern“ dann biblische „Wahrheiten“ und Geschichten nahegebracht – allerdings zumeist nicht anhand der „Originaltexte“ aus dem „Buch der Bücher“ – denn selbst die moderne „Bibel in gerechter Sprache“ dürfte für einen Zweitklkässler kaum zu verstehen sein. Daher gibt es zahllose Bücher, in denen mit vielen Bildern und wenigen – dafür aber kindgerechten – Texten einzelne Geschichten aus der Bibel erzählt werden, z. B. „Gott vertreibt die ersten Menschen aus dem Paradies“, „Josef wird nach Ägypten verkauft“ oder „Jesus und der Zöllner“. Und natürlich Anweisungen, wie der „kleine Christ“ richtig betet und auch sonst sein Leben „gottgefällig“ führt. Erwachsen geworden, hat der Christenmensch die Qual der Wahl, aus einem immer grösser werdenden Angebot religiöser Ratgeber für jede Lebens- und Leidenslage wählen zu könnnen (oder zu müssen?).

Nun könnten wir Asatrú uns entspannt zurücklehnen, denn wir kennen keine Vorschriften oder gar Dogmen, denen wir uns unterwerfen müssten, damit Gott bzw. die Götter uns gnädig gestimmt sind. Andererseits ist der Mensch – und auch der Neuheide – ein Gewohnheitsmensch, der in wiederkehrenden Ritualen Halt findet.Wobei die Quellenlage für uns Asatrú recht spärlich ist, wurde doch im Rahmen der Zwangschristianisierung alles vernichtet, was auch nur irgendwie den Anschein hatte, „heidnisch“ zu sein. So sind wir heute darauf angewiesen, aus den wenigen, erhaltenen Fragmenten Rituale zu rekonstruieren und zusammen zu tragen, wie es z. B. Petra Bolte in ihrem – nicht nur für Mitglieder des Eldaring – äusserst lesenswerten Buch „Eldariten“ dankenswerterweise getan hat. Was mir hier allerdings fehlte, war der Bezug zum alltäglichen Leben – und so kam mir die Idee, eingebettet in einen Kriminalfall eine (germanische) Gesellschaft zu beschreiben, in der Asatrú und nicht das Christentum die Gesellschaft prägt.

Positive Reaktionen auf „Mittsommer 1301“ haben mich ermutigt, in (geplanten) weiteren drei Büchern den gesamten Jahreslauf zu beschreiben, wie ihn Asatrú heute – vielleicht – feiern würden, wenn … ja, wenn damals die Axt nicht die Eiche sondern Bonifatius gefällt hätte …